Ein Kommentar von Eugenia Thummert: Vortrag von Dr. habil. Johannes Lüers (21.04.22, Kommunbräu Kulmbach)

Der einsame Ruf der Klimaforschung. Naturgesetze lassen sich nicht fälschen, leider aber verdrängen.

Der Vortrag des Klimaforschers Dr. habil. Johannes Lüers hat mich darin bekräftigt, dass wir bei täglich schwindenden Handlungsspielräumen Anpassungsstrategien erarbeiten müssen, um den unabwendbaren Folgen der Klimakrise wirksam zu begegnen.

Vor allem freut es mich, etwas gelernt zu haben. Ich kann nicht sagen, dass mich der Vortrag hoffnungsfroh gestimmt hätte – das globale Klima erwärmt sich, die Meeresspiegel steigen; irgendwann, vielleicht demnächst, sind Inselstaaten wie die Bahamas, der legendäre Hamburger Fischmarkt, die adretten Strände Sylts – versunkene Gegenden, Mythen einer apokalyptischen „Zeitenwende“.

Jedoch haben Lüers‘ Ausführungen mich auch nicht ohne Hoffnung und Ansporn zurückgelassen. Es braucht Zeit und noch mehr Energie, um uns zur Einsicht in unbequeme Wahrheiten zu bewegen, das Masse-Trägheitsmoment, das wir alle kennen, zu überlisten: Gerne stecken wir morgens, während der Wecker klingelt, den Kopf in die Kissen und verdrängen, dass ein neuer Arbeitstag längst begonnen hat. Zur Klimaforschung fällt mir auch das Gleichnis vom Rufer in der Wüste ein: Der Rufer ist einsam; schließlich aber finden sich andere, die seinen Ruf erwidern, und die Wüste erwacht wieder zum Leben. Das ist hübsch, das gefällt mir.

Was ich vor dem Vortrag nicht wusste: Mitteleuropa erwärmt sich schneller als der globale Trend und wird zur „neuralgischen Zone für Unwetter“, in der es in Zukunft zu einer Intensivierung der Wettereignisse kommen wird, d.h. zu Wetterextremen wie Hochwasser und „Niederschlagsdürren“. Man muss auch nicht bis an die Ostküste Südafrikas reisen, die gerade von ungewöhnlich heftigen Niederschlägen, überrascht wurde und wo Menschen auf überschwemmten Verkehrswegen, in eingestürzten Häusern und reißenden Wassermassen ums Leben kamen. Lüers verweist auf Naheliegenderes und hilft unserer Erinnerung an das Jahrhundert-Hochwasser im vergangenen Jahr im Ahrtal auf die Sprünge, in dem mindestens 133 Menschen auf solche Weise ums Leben kamen. Inzwischen hat uns Mitteleuropäer die Klimakrise, die wir lange Zeit externalisierten, heimgesucht.

Insgesamt nimmt die Zahl der Regenmonate hierzulande ab. Die Trendforschung belegt außerdem, dass die im Niederschlagsbereich defizitären Monate vorwiegend auf den Frühling entfallen, auf die Jahreszeit also, in der Natur, Kulturböden und Äcker den Regen am dringendsten bräuchten. Lüers spricht in diesem Zusammenhang von „Monsunisierung“. Der März 2022 war übrigens der trockenste Monat seit Beginn der Aufzeichnungen. Ich bin beunruhigt.

Erkennen wir den Fakt der Klimakrise an, werden wir vor Ort ein verantwortungsvolles kommunales „Niedrigwassermanagement“ nebst „Hochwasserschutzmaßnahmen“ fordern. Die Gemeinden müssen dringend Anpassungsprozesse in die Wege leiten, Wasserreserven anlegen, Wasser sparen und schützen.

Warum leugnen manche Menschen den Fakt, dass sich der Klimawandel auf alle Gesellschaften, auf jeden einzelnen von uns auswirkt? Sie wissen doch, dass sich das Ahrtal keineswegs am Fuße des siebenfarbigen Regenbogen-Bergs befindet, sondern in unserer unmittelbaren Nachbarschaft?

Nun ja, das Klimasystem ist „komplex“, wie Lüers erklärt, und die Folgen von Umwelt- und Klimazerstörung sind nicht immer gleich und überall sichtbar. Leugner führen in diesem Zusammenhang gerne den verallgemeinernden Fakt ins argumentative Feld, dass Wandel sowieso passiert; damit haben diese zwar recht, aber irren, wenn sie so argumentierend die Klimakrise negieren. Ihnen werde ich künftig ebenso lapidar entgegnen: Allein in den Jahren 2000 bis 2100 wird sich das Klima um 5° Grad erwärmt haben – so alles beim Alten bleibt; im Vergleich hierzu brauchte das Klima seit der letzten Eiszeit ganze 10.000 Jahre, um sich um besagte 5° Grad zu erwärmen. Dieser außerordentlich rasante Temperaturanstieg, der Ökosysteme weltweit bedroht, ist menschengemacht und der Mensch hat hierfür die Verantwortung zu übernehmen.

Leider gibt es zu wenige Rufer, zu wenige Stimmen, die eine Veränderung im Denken und Handeln der Menschen bewirken, die eingeübte Denkroutinen und alte Gewohnheiten verständlicherweise ungerne aufgeben möchte.

Ein grundsätzliches Umdenken ist aber nötig! Also muss das Rufen des Klimaforschers in den kommunalen Verwaltungen hörbar werden. Bürgermeister sollten ihre Ohren bitte spitzen und über ihr eigenes Trachten und Handeln hinaus ihre Gemeinden zur direkten Partizipation ermutigen, Anreize schaffen, für den Bau von Zisternen, für das Begrünen der Dächer, das Entsiegeln von Flächen.

Kommentar von Eugenia Thummert

zum Vortrag „Menschen verursachte Klimakrise – Naturgesetze lassen sich nicht fälschen“ von Dr. habil. Johannes Lüers (21.04.2022, Kommunbräu Kulmbach)

Literaturempfehlung: Rahmstorf, Stefan / Schellnhuber, Hans Joachim: Der Klimawandel, C.H. Beck Wissen 2019

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